Paralympics 2016: Uta Streckert besucht Favela

11.09.2016

in Erlebnis der besonderen Art durfte Paralympics-Sprinterin Uta Streckert vom TV Wattenscheid in Rio de Janeiro erleben: Gemeinsam mit Kugelstoß-Weltmeisterin Birgit Kober (Bayer Leverkusen) besuchte sie Sozialprojekte in einer Favela im Ortsteil Campinho.

Bei dem Besuch, der vom Aktionsbündnis „Rio bewegt.Uns.“ organisiert wurde, waren auch Ute Herzog vom Präsidium des Deutschen Behindertensportverbandes und der Bundestagsabgeordnete Roy Kühne dabei.

Ziel des Besuches waren der Kindergarten der Favela und das Sport- und Sozialzentrum „Amindo da Fonseca“ in Campinho. Herzstück des Projekts ist ein Fußballplatz mit umliegender Laufbahn sowie ein Mehrzweckfeld, das vollständig eingezäunt ist, so dass kein Ball verschwinden kann. Denn die Favela liegt hoch über dem Rest der Stadt. Für Uta Streckert und Birgit Kober war es kein leichter Weg hoch in die Favela. Aber gleich waren Kinder aus Campinho dabei, stützten die gehbehinderte Birgit Kober und erzählten fröhlich über das Projekt.

Denn das Zentrum ist für die Kinder wie eine andere Welt. Die meisten Familien hier haben weder Geld noch Zukunftsaussichten. Die Jugendlichen sind froh, dass es mit dem Projekt eine Sportgelegenheit in ihrer Umgebung gibt. Das ist nicht normal für diese Region von Rio de Janeiro. In den Favelas liefern sich die Drogengangs immer noch blutige Kämpfe. Das Leben hier ist unsicher.

Für Uta Streckert war der Besuch etwas ganz Neues: „Die Menschen sind super offen hier, alle haben sich über unseren Besuch gefreut. Und das, obwohl man sehen kann, dass die Armut hier den Alltag prägt.“

Deswegen nutzen viele Jugendliche die Angebote. Uta Streckert konnte Luana kennenlernen, eine Trainerin, die im Projekt mitarbeitet und den Kindern und Jugendlichen auch Randsportarten beibringt. Sie berichtete, dass im Sport- und Sozialzentrum auch Schulergänzungsunterricht angeboten wird. Stolz erzählten einige Jugendliche, dass sie dank des Zentrums jetzt sogar ein Fachstudium begonnen können. Unterstützt wird das Zentrum vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, das zu den Initiatoren des Aktionsbündnisses „Rio bewegt.Uns.“ gehört.

Das Aktionsbündnis ist froh, dass die Eintrittspreise für die Wettkämpfe der Paralympics gesenkt wurden, so dass jetzt auch Menschen aus den Armenvierteln in die Stadien kommen. „Es ist ein Skandal, dass während der Olympischen Spiele viele Wettkämpfe vor halbleeren Rängen stattfanden, während viele Brasilianer es sich nicht leisten konnten, die teuren Karten zu erstehen“, sagte Stephan Jentgens vom Aktionsbündnis auf einer Pressekonferenz im Deutschen Haus in Rio. Er bedauerte zudem, dass die Paralympischen Spiele im Gegensatz zu den den Olympischen Spielen in Brasilien nur im Bezahlfernsehen zu sehen seien: „Das grenzt die Armen aus.“

Die beiden deutschen Athletinnen hörten in Campinho, dass die Jugendlichen kaum etwas von den Paralympics mitbekommen, weil sich hier niemand die privaten Kanäle leisten könne. Sie luden daher eine Gruppe Jugendlicher spontan ins Stadion ein – auf eigene Kosten.

Vielleicht gelingt es sogar noch, Karten für den 14. oder 17. September für die Leichtathletikwettkämpfe zu bekommen – dann nämlich startet Uta Streckert in der T35-Klasse auf der 100-Meter bzw. 200-Meter Strecke.